Wie erhöht man die Schlagkraft im Boxen...

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Wenn du „Schlagkraft“ sagst, dann meinst du offensichtlich die Wirkung, die dein Boxhieb beim Gegner hinterlassen soll. Diese bestimmt sich physikalisch durch den „Impuls“ (p = m * v). Das bedeutet: Je höher die Masse ist und je höher die Geschwindigkeit ist, mit der die Masse beim Gegner einschlägt, desto größer die Wirkung. Du musst also dafür sorgen, dass ein möglicht großer Teil deiner Masse auf eine möglicht hohe Geschwindigkeit gebracht wird. Die Mittel dazu:
- Hypertrophietraining,
- Explosivkrafttraining,
- Techniktraining.
Welche Muskeln müssen trainiert werden?
Natürlich der Trizeps! Aber dieser allein kann überhaupt nichts ausrichten; denn der Trizeps (die beiden kurzen Köpfe des Trizeps) allein würde den Arm nach vorn unten strecken (Bild 1). Wäre der lange Kopf des Trizeps zusätzlich aktiv, würde der Arm noch weiter nach unten stoßen (Bild 2); denn der lange Kopf wirkt im Schultergelenk als Rückzieher des Armes. Viel wichtiger ist der Deltamuskel, der einerseits den Oberarm nach vorn schleudert (Bild 3) und gleichzeitig verhindert, dass der lange Kopf des Trizeps den Arm nach unten bewegt. Und schließlich muss die Masse des Rumpfes „hinter dem Schlag stehen“. Das bewerkstelligt der Sägemuskel, der die Schulter nach vorn schiebt (Bild 4) und verhindert, dass in demjenigen Augenblick, in dem die Faust am Kinn einschlägt, der Arm wirkungslos zurückprallt. Und beim Zurückziehen des Armes vergiss den Latissimus nicht, der den Ellenbogen wieder schnell an den Rumpf bringt, während der Bizeps nur den Unterarm anbeugt.

Um die Schlagkraft zu verbessern muss man an drei wichtigen Punkten ansetzen: Standfestigkeit, Schnelligkeit und Kraft. Es kommt aber noch ein vierter mindestens ebenso wichtiger Punkt hinzu: Die richtige Reihenfolge der Muskelanspannung.

Beginnen wir mit dem einfachsten: Dem Stand.

Der Stand ist die Basis, quasi das Fundament, einer jeden Technik. Ist die Basis schlecht, kann darauf nicht aufgebaut werden. Die Folge: Schon allein aufgrund der schlechten Ausgangsposition ist eine Übertragung der Kraft nicht möglich.

Letztlich ist die Kraft, die Energie, die wir auf das Ziel übertragen nichts anderes als die von uns ausgehende, auf das Ziel zunächst übertragene und dann auf uns zurückwirkende Kraft. (Kraft = Gegenkraft) Die alles entscheidende Frage ist nun: In welche Richtung fließt die Kraft? Die Kraft geht immer den Weg des geringsten Widerstandes. Ist unsere Basis schlecht, können wir die Kraft nicht auf das Ziel übertragen, sondern das Ziel wirft die Kraft sozusagen direkt auf uns zurück mit der Folge, dass nicht wir das Ziel, sondern das Ziel uns zerstört. Deshalb ist die Stellung als Grundlage für jede Technik so entscheidend.

In diesem Zusammenhang kommt gleich ein zweiter Punkt ins Spiel: Die richtige Reihenfolge der Muskelanspannung. Werden die falschen Muskeln im falschen Moment angespannt, ist keine optimale Kraftübertragung möglich. Die optimale Kraft kann nur dann erzeugt und übertragen werden, wenn möglichst viele Muskeln perfekt zusammenarbeiten. Für einen Faustschlag bedeutet dies, dass die Kraft aus den Füßen, über die Bein von der Hüfte auf das Ziel ausgerichtet über den Rumpf (Bauch- und Rückenmuskulatur) in die Arme und schließlich in die Faust gelenkt wird und die Kraft dort im Ziel ihre zerstörerische Kraft entfalten kann.

Werden die Armmuskeln vor denen des Rumpfes eingesetzt, ist die Muskelkette für die Kraftübertragung unterbrochen, denn es ist nun unmöglich im Nachhinein die Kraft des Körpers, der Bein- oder Rumpfmuskulatur noch in den Schlag hineinzunehmen. Gerade deshalb kommt der richtigen Reihenfolge der Muskelanspannung eine so große Bedeutung bei.

Hier sind wir dann gleich bei einem weiteren Punkt, der jetzt alles entscheidend ist und direkt mit dem ersten Punkt (Stand) im Zusammenhang steht: Die möglichst vollständige Muskelanspannung am Ende der Technik.

Wir erinnern uns: Die Kraft geht immer den Weg des geringsten Widerstandes. Die auf das Ziel einwirkende Kraft wird vom Ziel zunächst auf uns zurückgeworfen und nur dann, wenn unser Körper die Schlagenergie aufgrund der vorhandenen Muskelspannung und perfekten Stellung auf das Ziel zurückwerfen kann, erst dann, geht die Energie des Schlages in das Ziel und wird nicht auf uns selbst zurückgeworfen.

Jede Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied und das ist auch hier so. Ist beispielsweise der Ellbogen im Moment des Auftreffens nicht angespannt, wird die Kraft dort ihren Ausweg suchen und es kommt nur ein Bruchteil der Energie im eigentlichen Ziel an. Dies gilt auch für alle weiteren Schwachpunkte wie z.B. Handgelenk, Schulter, Knie, Fuß usw.

Der gesamte Körper muss hinter der Technik stehen. Häufig ist zu beobachten, dass die Schulter beim Schlag angehoben wird. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eindeutig, dass auf diese Weise nur die Arme am Schlag optimal beteiligt sind. Die wesentlich größeren und stärkeren Muskelgruppen von Bauch, Rücken und Beinen können kaum etwas zur Schlagkraft beisteuern.

Schnelligkeit und Kraft gehören in gewisser Weise direkt zusammen. Aus Sicht der Physik ist Kraft = Masse x Beschleunigung (F=m*a). Daher gilt für körperlich schwächere Sportler, dass sie an zwei Punkten arbeiten können: Mehr Masse oder mehr Schnelligkeit oder beides.

Dabei kommt der Schnelligkeit aber aus meiner Sicht die weitaus größere Bedeutung zu, denn durch eine größere Schnelligkeit erreicht man zwei Ziele gleichzeitig: Man kann mehr Kraft erzeugen und man kann dem Gegner zuvorkommen. Was nutzt es mir schließlich, wenn ich meine Technik immer als zweiter ins Ziel bringe oder meine Abwehr immer zu spät kommt?

Die Schnelligkeit, oder richtiger Schnellkraft, die wir im Kampfsport benötigen, wird von der Fähigkeit bestimmt, die Muskeln in so kurzer Zeit wie möglich anzuspannen, zu kontrahieren. Dabei ist die Kraft das direkte Ergebnis dieser Muskelanspannung. Die Kraft ist also exakt der Unterschied zwischen der Muskelanspannung am Anfang und am Ende der Technik. Je entspannter die Haltung am Anfang ist und je fester die Muskeln am Ende der Technik angespannt sind, desto größer also die daraus resultierende Kraft.

Wir müssen daher lernen, am Anfang der Technik nicht mehr “Kraft” (d.h. Muskelanspannung) als nötig zu haben. Sonst sind wir bereits zu sehr angespannt und damit zu verkrampft, um schnell reagieren zu können. Zudem ist die Muskelanspannung zu Beginn der Technik damit nicht nur deutlich höher, sondern zugleich der Unterschid zwischen Anspannung am Anfang und Anspannung am Ende deutlich kleiner, was zwangsläufig zu einer erheblich verringerten Kraft am Ende der Technik führt.

Die Schnelligkeit, mit der die Technik auf ein Ziel auftrifft bestimmt zusammen mit den zuvor genannten Faktoren (Standfestigkeit, Reihenfolge der Muskelanspannung und korrekte Endspannung am Ende der Technik) wieviel Energie die Technik letztlich auf das Ziel übertragen kann.

Die überragende Bedeutung der Schnelligkeit kann dabei am Beispiel einer Gewehrkugel veranschaulicht werden: Wirft man eine Gewehrkugel gegen die Wand, wird sie in aller Regel von der Wand zurückgeworfen, da die Energie nicht ausreicht. Benutzt man aber ein Gewehr, so wird die Kugel mit einer ungleich höheren Energie auf das Ziel auftreffen und deshalb in das Ziel eindringen können.

Da wir aber bei unserem Faustschlag wohl kaum eine derart hohe Geschwindigkeit erreichen können und sich ein Faustschlag natürlich auch grundlegend unterscheidet, sind die übrigen Punkte ebenso wichtig.

Ein fester Stand als Grundlage für die auf das Ziel aus den Beinen, über Hüfte, Rumpf, Schultern und Arme in die Hand übertragene Kraft, verbunden mit einer korrekten Endspannung im Moment des Auftreffens im Ziel ergibt im Zusammenspiel mit einer möglichst schnellen und vollständigen Muskelkontraktion ergibt ein Maximum an Schlagkraft.

Um nun Schnelligkeit und Kraft zu verbessern gibt es ein ganz einfaches, aber wirksames Mittel: Training, Training und nochmals Training.

Durch das korrekte Training und die ständigen Wiederholungen werden neben der Schnelligkeit auch Kraft und Technikausführung verbessert.

Um den Trainingseffekt zu steigern, kann man Hilfsmittel integrieren. Hier empfiehlt sich besonders gegen Widerstand zu arbeiten. Deuserbänder oder Therabänder (gibt es in unterschiedlichen Stärken) sind hierzu ideal.

Später kann man Sandsäcke, aus dem Karate bekannte Makiwara, Boxbälle, Freestanding Bags (Waterbags) oder auch – wenn ein Partner zur Verfügung steht – Pratzen und Schlagpolster einsetzen. Targets, Mitts, Boxsäcke, Schlagpolster

Für Einsteiger empfehle ich das Hauptaugenmerk auf die korrekte Ausführung der Technik zu legen, da dies die Grundlage für alles andere ist.

Super erklärt! Dh!

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@DeepBlue

Lieber DeepBlue ... ich werde wohl meine eigenen Worte und Ausführungen beliebig oft kopieren und verbreiten dürfen oder etwa nicht? (wäre Dir ja vielleicht auch bei Betrachtung meines Profils aufgefallen, denn dort ist aufgeführt, dass ich auch für http://blog.budoten.com verantwortlich bin ...) Aber nichts für ungut ...

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